Der Aktienkurs und das Geschäft der Carl Zeiss Meditec AG, einem Technologiekonzern der optischen und optoelektronischen Industrie, haben im ersten Halbjahr 2020 unter den Auswirkungen der Pandemie stark gelitten. Langfristig wird das MDax und TecDax Unternehmen von seiner strategischen Ausrichtung auf dem Healthcare Markt profitieren, wenn es heute schon die strukturellen Veränderungen, die sich auf den Märkten und der Gesellschaft zeigen adaptiert. Worauf es jetzt ankommt, damit eine erfolgreiche Rückkehr der Medtech Unternehmen in eine „neue Normalität“ gelingt, wird hier am Beispiel der Carl Zeiss Meditec AG beschrieben.

Die Coronapandemie spaltet die Medtech Unternehmen in Gewinner und Verlierer.

Die Coronapandemie hat die Medtech Unternehmen weltweit in Gewinner und Verlierer aufgeteilt, je nachdem welcher Markt mit welchem Geschäftsmodell bedient wird. Hier konnten in den Augen der Anleger diejenigen Geschäftsmodelle punkten, die eine konkrete Unterstützung des Gesundheitssystems bei der Diagnose und Behandlung der Covid-19 Patienten bieten. Anders dagegen die Verlierer der Medtech Aktien: Dadurch, dass die Pandemie die Krankenhäuser weltweit dazu gezwungen hat, Ihren Fokus auf die Notversorgung zu richten, haben die Aktienkurse derjenigen Medtechs verloren, die sich z.B. auf die Orthopädie, Kardiologie oder auch auf die zahnärztliche Chirurgie fokussieren.

Bei den Medtech Unternehmen des TecDax, hat der Aktienkurs der Drägerwerke (Produktion von Beatmungsgeräten und Masken) und des Labordienstleisters Sartorius ordentlich im ersten Halbjahr zulegen können. Letzterer entwickelt Produkte, die bei der Herstellung von Impfstoffen und antiviralen Medikamenten eingesetzt werden.

Anders dagegen die Aktie der Carl Zeiss Meditech AG Technologiekonzerns der optischen und optoelektronischen Industrie, die im ersten Halbjahr relativ stark gelitten hat. Denn das Geschäft von Carl Zeiss Meditec wurde durch die Beschränkung der Gesundheitssysteme auf medizinische Notfallversorgung in Mitleidenschaft gezogen. Die Auswirkungen von COVID-19 haben sich aktuell in den Ergebnissen der ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2019/20 des Technologiekonzerns gezeigt: Hier erzielte die Carl Zeiss Meditec AG einen Umsatz von 967,9 Mio. Euro (im Vorjahr 1.027,6 Mio. Euro), was einen Rückgang von -5,8% (währungsbereinigt: -6,9%) im Vergleich zur Vorjahresperiode bedeutet. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) fiel damit auf 111,9 Mio. Euro (im Vorjahr 184,2 Mio. Euro). Die EBIT-Marge lag bei 11,6% (im Vorjahr 17,9%).

Allerdings gibt es genügend konkrete Hinweise, dass das TecDax und MDax Unternehmen nicht nur schnell, angemessen und weitblickend auf die Pandemie reagiert hat, sondern sich langfristig herausragend auf dem Healthcare Markt positioniert hat.

Adäquate Reaktion der Carl Zeiss Meditec in pandemischen Jahreszeiten

Der Halbjahresbericht gibt hier interessante Aufschlüsse wie die Reaktion des TecDax Konzern ausgefallen ist: Neben dem Fokus auf die Sicherheit der Mitarbeiter und einem straffen Management der Kapazitäten in Verwaltung und Operations, wird ganz besonders die Aufrechterhaltung der Produktion und Lieferkette priorisiert. Das bedeutet auch, dass Sicherheitsbestände erhöht wurden, um Lieferungen gewährleisten zu können. Letzteres hat sich auch negativ auf das Net Working Capital ausgewirkt, dessen Entwicklung entsprechend streng beobachtet wird. Durch die Digitalisierung gewährleistet der Technologiekonzern auch eine stärkere Unterstützung seiner Kunden in der Krise. Gleichzeitig wird durch die verstärkte Nutzung digitaler Tools im Marketing und Vertriebe Einsparungen erzielt.

Besonders priorisiert werden die Forschung & Entwicklungsaktivitäten, um die Produkt-Roadmap und Wettbewerbsfähigkeit nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern auszubauen. Mit 105,5 Mio. € (14,8 % gegenüber einem Vorjahreswert von 11,8 % bezogen auf den Konzernumsatz) lagen die F&E-Aufwendungen im Berichtszeitraum deutlich oberhalb des Vorjahres (78,5 Mio. €).

Wir haben die Aktivitäten der Carl Zeiss Meditec mit Best Practice Aktivitäten von Unternehmen im Krisenmodus abgeglichen und unten dargestellt. Diese decken sich in vielen Bereichen mit den Erfolgsfaktoren für Unternehmen (z.B. Puffer reloaded, Restrukturierung von Lieferketten) in pandemischen Jahreszeiten.

Drei Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Zukunft der Carl Zeiss Meditec AG

Drei besondere Faktoren werden der Carl Zeiss Meditec kurz-, mittel und langfristig den Erfolg sichern:

  1. Adaption struktureller Veränderungen: Heute schon will die Carl Zeiss Meditec AG den strukturellen Veränderungen auf den Märkten Rechnung tragen, in dem sie der Telemedizin und der Online Weiterbildung eine besondere Beachtung schenkt und die Entwicklung digitaler Lösungen mit Hochdruck fortsetzt. Hier hat sich z.B. das Unternehmen schon 2019 vorausschauend mit der Übernahme der Saxonia Systems AG, einen Spezialisten für individuelle Softwarelösungen, gezeigt.
  2. Ungebrochene und langfristig wirksame Trends: Langfristig wird Carl Zeiss Meditec von den wichtigsten Trends seines Sektors profitieren. Dazu gehören alternde Gesellschaften, der wirtschaftliche Aufstieg der Schwellenländer, der den aufstrebenden Mittelschichten einen Zugang zum Gesundheitssystem ermöglicht und die damit einhergehende wachsende Bedeutung der Medtech Segmente Neurologie und Ophthalmologie. Vor der Pandemie hatten diese beiden Segmente der Medizintechnologie in Relation zu anderen Segmenten noch sehr hoch eingeschätzte Wachstumsraten für die Jahre 2017 – 2024 (Neurologie 9,1 % und Ophthalmologie 6,1%. Siehe: Evaluate 2018).
  3. Medtechs kehren schneller aus dem Krisenmodus in das „new normal“zurück: Wann Unternehmen wie Carl Zeiss Meditec an das oben genannte Wachstum wieder anschließen können hängt von dem Zeitpunkt und Stärke des nächsten Aufschwungs ab. Mittelfristig gehören Healthcare und damit Meditech zu denjenigen systemrelevanten Sektoren, denen ein schnellerer Aufschwung in Relation zu anderen Sektoren zugetraut werden darf. Hier ist es besonders wichtig, zu beobachten, wie lange an der Priorisierung der Notversorgung in pandemischen Jahreszeiten festgehalten wird und ob in Zukunft eine ausgeglichene und optimierte Synchronisierung zwischen Normal- und Notversorgung gewährleistet werden kann. Je früher eine Rückkehr der Gesundheitssysteme in eine „neue Normalität“ gelingt, desto eher werden diejenigen Medtechs profitieren, deren Produkte und Dienstleistungen im Krisenmodus eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Carl Zeiss Meditec gehört sicherlich dazu.

Dieser Text ist Teil einer Reihe von Blogbeiträgen, die an den Ergebnissen und Inhalten der Studie „Sturmreiter. Strategien der TecDax-Konzerne“ ansetzen und interessante Aspekte der analysierten Strategien vertiefen. Sturmreiter verfügen über besondere Fähigkeiten, Mentalitäten und Ausrüstung – aber eben nicht nur, um heil durch den Sturm zu gelangen, sondern um die aufgewühlten Wellen auf hoher See für sich nutzen können, um den Sturm zu reiten. Die Carl Zeiss Meditec AG ist sicherlich ein Beispiel dafür.

Quellen: